Chris Hooson ist der lebende Beweis dafür, dass man tiefe Traurigkeit in pure Schönheit verwandeln kann, dass selbst in depressiven Stimmungen Potenzial für kreative Prozesse steckt. Der britische Musiker hat mit seiner Band Dakota Suite eine Art eigene Therapieform sonischer Langsamkeit geschaffen, die ihn am und im Leben hält.
Die Ergebnisse der Kämpfe mit seinen inneren Dämonen ist wunderschöne, zutiefst berührende Musik. Das findet in Albumtiteln wie „Alone With Everybody“, The Way I Am Sick“ oder „An Almost Silent Life“ Ausdruck und verdeutlicht die seelische Grundverfassung von Chris Hooson. Umso erstaunlicher, dass aus all dieser Verzweiflung solche Musikmeilensteine entstehen können, die nie wirklich hoffnungslos wirken.
Einsame Klanglandschaften in schwarz-weiß
Hooson erschafft melancholische Meditationen, in denen die Schwere zu schweben lernt. Die Musik von Dakota Suite spiegelt sich dabei auch in den stillen Cover-Fotos von Chris Frau Johanna. Schwarz-weiße Landschaften der Einsamkeit. Brache, menschenleere Gelände, in deren Tristesse und Verlorenheit zugleich eine ungeheure Emotion und Anziehungskraft liegt.
Seit über 20 Jahren liefert Hooson ein Schönklangwerk nach dem anderen ab. 23 sind es mittlerweile, das neue Album „the indestructibilty of the already felled“ mitgerechnet. Im französischen Komponisten und Pianisten Quentin Sirjacq hat Hooson hier zum dritten Mal einen kongenialen Partner gefunden, mit dem er eine Art moderner Kammermusik spielt. Hooson über Sirjacq: „This brother of mine, cut from the same wood, flowing out to the same ocean.“
Von Japan beeinflusst, in Japan entstanden
Das binnen von drei Tagen in der Okurayama Hall von Yokohama aufgenommene Album pendelt zwischen nahezu klassischen Instrumentalstücken und einigen zarten Slowcore Songs. Zu denen singt Hooson mit sanfter Stimme innige Texte. Sehr aufschlussreich die Liner Notes zur Entstehung von „the indestructibilty of the already felled“, die man auf der Bandcampseite zum Album nachlesen kann.
Unter anderem erfährt man, was die wesentliche Antriebsfeder für die neuen Aufnahmen war. „We set out to combine two of the influences which form the centre of how we interact with the world, firstly to understand our relationships with our women (Johanna for me, Aurelie for Quentin) and secondly to celebrate our deep love and connection to Japan and its mindset.“
Die japanischen Einflüsse und Momente auf dem Album werden bereits an Songtiteln wie kogarashi (木枯らし), kintsugi (金継ぎ), aiseki (哀惜) und
kyōshū (郷愁) deutlich. Dahinter verbergen sich Klangbilder wie aus Zen-Gärten oder japanischen Tempeln. Bei drei Songs teilt sich Hooson die Credits übrigens mit den Songwriterinnen Kathleen Edwards (away) und Chantal Acda (my thirst for you is where I hide, how scared I am to live).
Es ist die oft zitierte und beschworene Kraft, die in der Stille liegt, von der auch dieses Album geprägt ist. Musik von äußerster Zartheit und Fragilität, aus der dennoch etwas Trostspendendes, Aufbauendes spricht. Insofern ist mir die Empfehlung des gesamten Werks von Dakota Suite eine echte Herzensangelegenheit.