Vor 16 Jahren wurde die britischen Indierockband I Like Trains gegründet und hat seitdem ausschließlich tolle Alben abgeliefert. Das letzte allerdings veröffentlichte die Band 2012. Eine Zeit, in der man als junge aufstrebende Band durchaus auch mal in Vergessenheit geraten kann. Umso nachdrücklicher melden sich die Jungs aus Leeds jetzt zurück.
Das lange Warten hat sich mehr als gelohnt.“Kompromat“, die neue Platte der 5köpfigen Gruppe stellt den bisherigen Höhepunkt der Karriere dar. Auf Anhieb für mich ein Favorit auf die Bestenlisten des Jahres. Rauer, punkiger als bisher ohne an Melodiösität zu verlieren, kommt dieses Werk daher. Eine gehörige Portion Shoegazeflair hat die Band gekonnt in den ruppigen Sound gemischt. So gehen rockiges Streben und hymnisches Schweben Hand in Hand.
Eines der herausragenden Rockalben 2020
Klirrende Gitarren, elektronikverdichtet treffen auf David Martins Bariton, der sich dieses Mal vorrangig im Gott und Welt Leviten lesenden Sprechgesang mitteilt. Dahinter eine Rhythmussektion, die das Ganze unaufhörlich nach vorne peitscht. Allein die Basslinien von „Kompromat“ verdienen jede Höchstwertung für eines der herausragenden Rockalben anno 2020.
Die Songs drängeln und quengeln wie unruhige Geister, die die unruhigen Zeiten kommentieren. Nicht weniger als die zu Fake News verkommene Wahrheit steht hier zur Debatte. Mit schneidenden Wortsalven werden im zentralen Song „The Truth“ Wahrheitsverdeher und -missbraucher wie Trump, Johnson und Konsorten als Unheilsbringer der Gegenwart adressiert und angeprangert. Ein Ausrufezeichen!
Musikalische Prügel für Lügner wie Trump und Johnson
Ganz fabelhafte, dynamische Songs sind I Like Trains gelungen, die sie weit nach vorne katapultieren im Rock Business als Band mit Haltung und inhaltlicher wie musikalischer Relevanz. Ob das pumpende, dabei ungemein elegante, fast zur Pophymne geratene „Prism“ oder das dreckig rockende, sich immer weiter zuspitzende „Patience Is A Virtue“. Die Balance aus fokussierter Aggression und musikalischer Eingängigkeit ist brillant.
Das gilt für alle 9 Tracks, die sich ingesamt zu einem homogenen, vor Kraft strotzenden Album zusammenfügen. In dieser genialen Form aus inhaltlichem Anspruch und energiegeladenem Ausbruch sind I Like Trains aktuell zu einer meiner Lieblingsbands avanciert – im wahrsten Sinne des Wortes eine Wucht!
Seelenverwandtschaften: New Model Army, Chumbawamba, Sleaford Mods, Skunk Annie, Queens Of The Stone Age, Screaming Trees, Interpol, Editors