Schamanisch, hypnotisch – Deradoorian

„Find The Sun“ von Deradoorian wurde von Bandkamp soeben zum Album des Monats erkoren. Volltreffer, kann ich da nur sagen! Die fesselnde Musik, die Angel Deradoorian auf ihrem zweiten Solowerk bietet, rechtfertigt und verdient eine solche Auszeichnung.

Das frühere Bandmitglied der Dirty Projectors begibt sich auf eine spirituelle Reise, die in hypnotische Tracks mündet. Begleitet wird die Multiinstrumentalistin auf ihrem Trip von Samer Ghadry (Drums, Timpanis, Percussion) und Dave Harrington (Bass, Electronics, Congas, Percussion)

Inspiriert durch Can, Sun Ra, Pharoah Sanders

Laut Aussage von Deradoorian wurde der Sound des Albums durch die deutsche Kultband Can inspiriert, insbesondere durch den Gesangsstil von Damo Suzuki. Indianische Spiritualität und Free Jazz Ikonen wie Sun Ra und Pharoah Sanders nennt die Kalifornierin als weitere Einflüsse. Das führt auf „Find The Sun“ zu einer faszinierenden Mischung progressiver, mitunter psychedelischer Musik.

Geklammert wird das Album von den beiden erstklassigen Postrocksongs „Red Den“ zu Beginn und „Sun“ am Schluss. Im Mittelpunkt stehen zwei fabelhafte längere Tracks, die eine fast magische Wirkung entfalten. Das 7-minütige „Saturnine Night“ erinnert tatsächlich unweigerlich an die Albummonolithen „Ege Bamyasi“ und „Tago Mago“ besagter Can.

Geerdete Rhythmen und schwebender Gesang

„The Illuminator“ setzt noch einen drauf und verbindet Jaki Liebezeit Rhythmus-Monotonie mit jazzigen, schamanenhaften Flötensounds. Neben Sun Ra und Pharoah Sanders fällt mir als Referenzgröße hier auch noch das grandiose Album „Just A Poke“ von Sweet Smoke ein, das in diesem Jahr 50 Jahre auf dem Buckel hat.

Deradoorians ätherischer Gesang lässt alle Tracks des Albums trotz der meist rhythmischen Erdung zugleich erhaben schweben. Sehr gelungen auch ihre moderne Gregorianik-Interpretation auf „Monk’s Robes“. Und schön, wie sie mit „Waterlily“ ein zartes Liedpflänzchen in ihren melodisch vielseitigen Garten streut.

Auf dem ebenfalls von Deradoorian Flötenspiel geprägten „Devil’s Market“ geht es jazzig orientalisch zu. Und „Mask Of Yesterday“ klingt schon fast wie eine innige Beschwörung, dass der Corona-Spuk bald vorbei sein möge.

Auf der musikalischen Suche nach der Sonne folgt man Deradoorian gern und lauscht ihr idealerweise im Kopfhörermodus. Ein nicht alltägliches, außergewöhnliches Hörerlebnis. Große Klasse, diese unverhoffte Albumüberraschung!

deradoorian.bandcamp.com/album/find-the-sun

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